Das Parfum – Teil 2

Das Parfum

Zweiter Teil

Das theologische Konzept der Menschwerdung bzw. der Inkarnation Jesus Christus ist ein indikatives Modell. Am Kreuz spricht der johanneische Christus: „Es ist vollbracht.“ Damit wird theologisch seine Menschwerdung und psychologisch seine Wesensgleichheit ausgesprochen.

Zwischen beiden literarischen Angeboten besteht eine deutliche anobische Differenz. Während J.-B.G. imperativisch seine bleibende physiologiche Fehlausstattung (2) aufheben will (4), identifiziert sich der johanneische Jesus indikativisch mit dem Menschlichsten überhaupt (6).

Anobisch: 1. Die Kairos – Stufen 2 plus 4 = 6 : 2 = 3 = ausserhalb der Zufriedenstellung.      2. Die Kairos-Stufe 6 zeigt die eigentliche Qualität der Übereinstimmung an. In der Intentionalitätseinheit zeigt sich bei J.-B.G. ein Spannungsbogen von 3 Stufen, zu dem johanneischen Jesus – also von 3 bis 6 – ein Bogen von 4 Stufen. Bezüglich der Immanenten Dialektik steht J.-B.G. auf der Stufe b. sich selbst respektierend gegenüber, während die Johannesvorlage auf der Stufe c. einen erreichbaren Endzustand des vollkommenen Mitsicheinsseins angibt.

Der angeborene physische Mangel J.-B.G. versetzt ihn in höchste Motivation, eine eigene Duftmarke in weltweiter Exklusivität zu kreieren. Durch die Fähigkeit seiner olfaktorischen Hochbegabung der Geruchsdiskriminierung, der Wahrnehmung und Kombinationen von Düften sowie deren lebenslange Bewahrung gelingt ihm ein einzigartiger Exklusivduft. Dieses höchste parfumtechnische Ergebnis stellt sich für ihn selbst allerdings nur als seine eigene Duftprothese heraus, die jedoch einerseits intensive Liebe der Mitmenschen untereinander und andererseits die ihm zugedachte ermöglicht. Selbst der Vater des letzten Mordopfers, Richie, bittet um Verzeihung und adoptiert ihn (6). J.-B.G. gerechte Strafe unterbleibt. Ihm ist in der Zwischenzeit bewusst geworden, dass der Duft nur eine Riechhilfe ist. Jedoch ein Eigengeruch fehlt ihm und somit auch ein Zugang zu den Mitmenschen; er hasst sie (2). Hier liegt eine Ambivalenz vor, die auch im weiteren Verlauf der dramatischen Situation festbleibt. Auch bei dieser Teilinterpretation wie schon bei dem obigen Thema Identität bleiben die Ergebnisse der Kairos – Stufen, der Intentionalitätseinheit und der Immanenten Dialektik etwa konstant.

Der johanneische Begriff der Agape (Liebe) umfasst die Gegenseitigkeit in einem dialektischem Verhältnis (6).

J.-B.G. verlässt als freier Mann den Ort seiner unterlassenen Hinrichtung. Die dramatische Zuspitzung findet am Ort seiner Geburt statt. Hier verströmt er aus endgültiger Frustration die grösste Menge seines Duftmantels bei einer Gruppe der untersten Unterschicht, die ihn „aus Liebe“ (so im Text) in gieriger Rudelformation kannibalisch verzehrt. Halten sie Abendmahl?

Bei aller Nähe zu dem angedachten Abendmahl fehlen deutlich zwei Elemente. Die neutestamentlichen Überlieferungsstränge des hellenistisch konzipierten Abendmahls sind untereinander zu disparat, um sie auf einen Nenner zu bringen. Jedoch zwei Grundzüge haben alle Texte gemeinsam: Sie sind einerseits als ein brüderliches Gemeinschaftsmahl aufgebaut und andererseits sind sie auf die Zukunft ausgerichtet. Beide Merkmale fehlen in dem Pariser Vorgang.

Auch die Selbsthingabe J.-B.G. an die Gruppe geschieht auf zwei Ebenen. Die Gruppe reagiert auf die Duftprothese und kannibalisiert den Träger des Duftstoffes. Die Pariser und die Grasser Gruppe gehen in gleicher Weise auf eine chemische Wirkung ein.

Auch an diesen Punkten klaffen die anobischen Einordnungen zwischen der literarischen Vorlage J.-B.G. und dem angesetzten Massstab Abendmahl deutlich auseinander.

This entry was posted on Freitag, April 1st, 2016 at 11:00 and is filed under Allgemeines. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can skip to the end and leave a response. Pinging is currently not allowed.

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