Das Parfum – Teil 1

DAS PARFUM. – Die Geschichte eines Mörders von Patrick Süskind

Diogenes Taschenbuch, 1994

Eine anobische Interpretation in vier Teilen

Erster Teil

 

Vorbemerkungen

Als Sekundärtitel des Romans schlage ich „Der gescheiterte Aufbau einer Identität“ vor. Ich werde den zentralen Textteil, der sich auf das Fehlen des Eigengeruchs und der Duftwirkung bezieht, vom übrigen Text zunächst isolieren.

Diese Teilinterpretation wird dann in die Ausbildung zum Parfumeur und in die Arbeit als Naturtalent mit dem höchsten Selbstanspruch auf der Grundlage der Persönlichkeitsstruktur und der kriminellen Energie des Mörders Jean-Baptiste Grenouille eingebettet.

Zwei Fragen bezüglich des Namens des Mörders bleiben offen: 1. Wieweit soll mit seinem Vornamen auf (s)eine Vorläuferfunktion hingedeutet werden? 2. Soll der gewählte Familienname auf (s)eine „Froschperspektive“ in Permanenz bis zum vollendeten kannibalischen Sterbeakt hingewiesen werden?

Der Roman DAS PARFUM ist inhaltlich und in der literarischen Gestaltung eine vollendete Ablaufgestalt mit Extremisierungen, deren Spannung und zweigliedrige Klimax zunächst in den Kapiteln 49 der zweiten Hälfte und 50 und dann deren eigentlichen Höhepunkt im letzten Kapitel liegen. – In Klammern werden die Seitenangaben des Taschenbuches im Dünndruck und die der Stufen der Kairos-Skala im Fettdruck angegeben.

 

Voraussetzungen

Ich setze auf die Basis der Anobisität eine Kombination von einer theo- und psychologischen Interpretation. Sie soll die Massstäbe bilden, wieweit der Text des „Kriminalromans“ sich zu den theo- und psychologischen Entwürfen verhält.

Da der Autor P. S.,  sprachlich in die Nähe sowohl alt- und neutestamentlicher als auch religiöser Formulierungen kommt, fühle ich mich als Theologe animiert, Basisaussagen des Textes an qualifizierten theologischen Aussagen als deren Massstäbe zu messen.

 

Massstäbe

Ich nenne a. drei theologische und b. drei psychologische Messlatten.

ad a. Menschwerdung (Inkarnation), Liebe (Agape nach Johannesevangelium), Abendmahl;

ad b. Identität, Ambivalenz, Persönlichkeitsstruktur der Hauptfigur J.-.B.G.

Die beiden Punkte a und b greifen ineinander.

Diese genannten zwei Massstabsequenzen bilden den Rahmen meines Interpretationsvorschlags. Der Autor P. S. bezeugt hier seine Begabung, eine literarische Gestalt über das übliche Krimi-Label hinaus in Richtung der höchsten Eigenständigkeit für den Gestaltenen Gestalter zu entwerfen; und das auch noch im Rahmen einer Mordserie!

 

Einzelinterpretation

Der Protagonist J.-B.G. setzt sein Können und seine Lebenskraft für den Aufbau eines Eigengeruchs, den er auch selber wahrnehmen kann, ein. Obwohl ihm seine Lebensarbeitszeit und geniale Selbstständigkeit zur Verfügung stehen, misslingt ihm die Nachbesserung dieser angeborenen Behinderung. Der Zugang zu ihm selbst kann ihm nur versagt bleiben. Selbstverwirklichung als Wesensgleichheit baut sich nur in seinem Traum auf. Trotz Frustration vermag er, energetisch ein neues Ziel zu erreichen: Verachtung der Menschen und Todeswunsch. Menschwerdung (Fleischwerdung bzw. Inkarnation) wie alle Menschen sein wollen und vollkommene Gleichheit mit allen Menschen (Identität) als eine imperative Denk- und Handlungsausrichtung führt hier in eine Sackgasse.

This entry was posted on Freitag, April 1st, 2016 at 11:13 and is filed under Allgemeines. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can skip to the end and leave a response. Pinging is currently not allowed.

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