Zu dem Begriff ZUKUNFT

Ich beobachte in der Neuzeit unseres Kulturkreises fünf verschiedene Zukunftsbegriffe. Der folgende Katalog ist frei zur Vervollständigung. Die Antike hatte eine Entwicklung vom Goldenen bis zum Eisernen Zeitalter vorgestellt, die ich ausspare; damit schließe ich auch weitere Zukunftsentwürfe ein, die eine allgemeine Relevanz ausschließen. Aber ich subsumiere Zukunftsgedanken der Vergangenheit, die jedoch auch noch heute tradiert werden.

Zu den fünf Termini
1. „Futurische“ Zukunft
Im Alten Testament finden wir den Tag Jahwes und die Erwartung des Messias, von den jüdischen Gemeinden bis dato vertreten. Der Islam und das Christentum stellen den Gläubigen das Himmelreich, bzw. das Reich Gottes in Aussicht. Jesus meint, das Reich Gottes bzw. das Himmelreich sei ganz nahe. Der Marxismus lehrt(e), die kommunistische Gesellschaft sei die wissenschaftlich begründete und damit sichere Entwicklung der Menschheitsgeschichte.

2. Präsentische Zukunft
Hier sind gleich drei neutestamentliche Zeugen auffindbar: a. Jesus, b. Paulus, und c. Johannes.
ad a. Das Himmelreich, bzw. das Reich Gottes ist schon da, weil Blinde sehen, Lahme gehen und Aussätzige als rein gelten können.
ad b. Die Gerechtigkeit und Freiheit haben sich in Jesus Christus schon längst vollzogen; der Gläubige hat daran Anteil.
ad c. In der Inkarnation vollzieht sich die Liebe Gottes doppelt in genitivus subjektivus und objektivus.
Bei M. Heidegger ist es die schon im Jetzt stattfindende Sorge um den Tod.

3. Reale Utopie
Hier ist in erster Linie Ernst Bloch zu nennen. Auch Jesus beteiligt sich mit den Gleichnissen vom Sauerteig und Senfkorn an diesem Zukunftsgedanken. Diese Texte geben auch eine Entwicklung vom kleinen Vorhandenen zum großen Noch-Ausstehenden (gegen J. JEREMIAS) an.

4. Fortschrittsglaube
Der Glaube an die Naturwissenschaft und Technik, die das Leben der Menschen qualifizieren können, ist spätestens mit den negativen Folgen der Entdeckung der Atomspaltung gebrochen; jedoch fragmentarisch besteht er weiter.

5. Verlängerung der Gegenwart
In den Science-Fiction-Filmen und -Romanen werden vorallendingen heute gedachte Techniken in die Zukunft gesetzt. Jules Verne hat es vorgemacht. D.h., dass derartige Gedankenspiele auch treffsicher sein können. Roger BACON hat im 13. Jahrhundert Motorschiffe, U-Boote, Kräne und Autos vorhergesagt.
Das Spätbürgertum entwirft mit seiner negativen Sichtweise – auch untermauert mit Hochrechnungen – ein negatives bis angstmachendes Zukunftsbild. Der Journalismus dokumentiert diese Sichtweise täglich.

Auffallend ist, dass von dem historischen Jesus drei verschiedene Zukunftsbegriffe überliefert sind. Kritische Frage: Wie hat er sich tatsächlich die Zeit der Zukunft vorgestellt? Positiv kritisch gefragt: Was steckt hinter dieser dreidimensionalen Zeit der Zukunft?

Festzustellen ist, dass alle fünf Termini die Zeit der Zukunft faktisch real aussparen. Die Zeit der Zukunft ist also faktisch frei und kann noch besetzt werden.
Etymologisch gesehen (nach DUDEN und KLUGE) wird das Wort Zukunft auf folgende Reihe zurückgeführt:
1. kommen (=zur Welt kommen), 2. künftig (= im Begriff zu kommen), 3. gehen (= klaffen, leer sein, fortgehen), 4. griechisch kinao (= einholen, erreichen, erlangen).
Die Zukunft ist also eine Zeit – qualitativ wie quantitativ – des Noch-zu-Besetzbaren.
Aber wie und womit?

Antwortgarantie auf Ihr Votum: E-Mail: hans-georg.fellecke@freenet.de

This entry was posted on Dienstag, Dezember 1st, 2009 at 00:00 and is filed under Allgemeines. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.

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