Das Dilemma der Jesus – Forschung – Teil 1

Vorbemerkung:

Der Begriff Dilemma in der Überschrift ist richtig, wenn die beiden unten stehenden Punkte vereinzelnd bzw. sogar gegeneinander ausgespielt werden. Dieser Terminus ist zunächst falsch, wenn beide genannten Punkte eine Einheit bilden. Das Wort Dilemma geht auf das griechische Verb lambanno zurück, das eine breite Übersetzungsmöglichkeit bietet: nehmen, ergreifen, begreifen, erkennen, geistig erfassen. Ich erweitere die Bedeutung des Wortes zu theologisch erfassen. Mit dieser Übersetzung stimmt dann das Wort Dilemma für die Einheitlichkeit beider unten genannten Punkte.

Zum Thema an sich:

Das Dilemma der Jesus–Forschung ist ein permanent Notwendiges.

Zwei Voraussetzungen sind jedoch dringend erforderlich und zu beachten:

1. die Göttlichkeit Gottes in Jesus und

2. die Filterung des jesuanischen Operationsfeldes Gottes von

a. dem gesuchten Gesamtbild des historischen Jesus und

b. den Gemeindebildungen.

ad 1. Die Göttlichkeit Gottes in Jesus hebt sich durch dessen Nachweise auf. Nachweise sind Kriterien menschlichen Denkens und Handelns. Die Erforschung der Person bzw. der Persönlichkeit Jesu hinge stets von den Massstäben des aktuellen Denkhorizonts der Menschen ab; die Menschen würden sich die Göttlichkeit Gottes in Jesus unterordnen. Eine Qualifizierung Jesu zu seiner Göttlichkeit wäre qualitativ–theologisch ausgeschlossen geblieben. – Es hätte nur ein Götterbild ergeben können, das im Verlauf der Jahrhunderte zu einem Götzenbild herabzusinken bedroht worden wäre.

ad 2. Diese Filterungen, die die historisch–kritische Exegese dankenswerterweise minutiös leistet, sind Nachweise für die konsequente theologische Arbeit im Sinne des 1. Punktes aller neutestamentlichen Mitarbeiter von der mündlichen Tradition bis zur schriftlichen Fixierung; ja bis in die aktuelle Gegenwart.

Es ist wichtig, die Reihenfolge dieser beiden Punkte einzuhalten. Damit sind die Theologen – auch die scharf historisch–kritisch denkenden und arbeitenden – stets auf der Höhe der mündlichen Tradierer und schriftlich arbeitenden Autoren des Neuen Testaments.

Die 300–jährige Arbeit der Jesus–Forschung seit Beginn des englischen Deismus, über REIMARUS (von LESSING 1778 veröffentlicht) bis in die aktuelle Gegenwart hätte sich die Nachzeichnung der Persönlichkeit Jesu erübrigen können, wenn die o.g. Reihenfolge eingehalten worden wäre. Prinzipiell sind z.B. R. BULTMANN und P. TILLICH auf der Linie des Neuen Testaments.

Die historisch–kritische Forschung nach der geschichtlich dingfestmachenden Person Jesu war eigentlich längst vor dem (gierigen) Forschungsdrang, nämlich schon vor und während der Entstehung der Schriften des Neuen Testaments erledigt. Damit liegt das Neue Testament bezüglich des Operationsfeldes Gottes in der Tradition des Alten Testaments, in dem das geschichtswirkende Handeln Gottes, auch in der Verborgenheit, jedoch frei von Schilderungen der Person Gottes, berichtet wird. Neben dem deus absconditus wird exklusiv dieser Tatbestand in dem alttestamentlichen Bilderverbot ausgedrückt. Auch die Vermeidung, seinen Namen auszusprechen, gehört zu diesem theologischen Grundsatz. Eine religionsgeschichtliche Formel heisst: Genannt = gebannt.

Zu den beiden Begriffen „Göttlichkeit Gottes“ und „Operationsfeld Gottes“ siehe Text NEUBESTIMMUNG DES NEUTESTAMENTLICHEN KANONS)

This entry was posted on Samstag, November 1st, 2014 at 00:05 and is filed under Allgemeines. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.

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