Der Sitz im Leben
Auch wenn sich beide Texte A und B näher kommen, so haben sie jedoch verschiedene Sitze im Leben. Der Textteil Markus 16, 6 b bis e ist eindeutig ein Bekenntnis eingebettet in eine für hellenistischer und orientalischer Denk- und Religionswelt angemessene Rahmenhandlung. Statt des traditionellen Terminus Bekenntnis schlage ich den Begriff Projekt vor. Ein Bekenntnis zu einem Objekt, Vorgang oder zu einer Person ist mein oder unser Projekt, das die Existenz bedingt, ja auch begründen kann. Im Falle von Markus 16, 6 b bis e ist es also ein Existenzkonstituens von extrem weitreichender Bedeutung über die dato- in die post-Welt. Dieses Projekt durchbricht eigenständig und frei von jeder Rückversicherung die Eigenblockade des Gestaltenen Gestalters. Damit wird das Verhältnis des Gestaltenen Gestalters zu sich im dynamischen Vorlauf abgeschlossen. Als psychologische Form ist der gesamte Text Markus 16, 1 bis 8 eine in sich abgeschlossene Gestalt, eine sogenannte Ablauf- oder Gute Gestalt.
Der theologische Fortschritt
konnte nur von dem Auferstehungsentwurf biografisch rückwärts aufgebaut werden. Ich will nur auf zwei theologische Punkte hinweisen.
1. Das grundlegende Ereignis Ostern ist der abschliessende Akt, der mit der vollendeten Hinrichtung am Kreuz begonnen hat. Beide Vorgänge bilden nun eine in sich geschlossene Einheit (siehe oben Theologische Voraussetzungen). Jetzt konnte von der Göttlichkeit Gottes in Jesus gesprochen werden. – Auch dieser Akt kann nur ein nachweisfreier sein. Theologisch konnte dann dem Offizier der römischen Hinrichtungstruppe die Identifizierung Gekreuzigter gleich Gottes Sohn zugeschrieben werden (Markus 15, 39). Dass diese Gleichsetzung ein Römer ausspricht, hat eine andere Bedeutung.
2. Neben dem Hoheitstitel Sohn Gottes konnte eine Sequenz von mehreren Hoheitstiteln dem Glaubensobjekt Jesus zugeordnet werden. In Markus 16, 6 wird jedoch nur von dem Gekreuzigten als einem sterblichen Gestaltenen Gestalter gesprochen.
Zwischenbemerkungen
Ein Projekt ist stets etwas Vorlaufendes in die Zukünftigkeit der Zukunft und verbleibt somit außerhalb des Habhaftbaren. Das Projekt Markus 16, 6 b bis e eröffnet ein bis dato Neues. Die Exklusivität dieses Kairos überbietet noch die Aussagen des Paulus, wie sie R. Bultmann in Glauben und Verstehen, Band 1, S. 57, fasst, dass die dato-Welt durch den Tod charakterisiert ist. Der markinische Text geht davon aus, dass auch die hiesige Welt schon von AUS-WEG-AUS-WEG bestimmt ist. Das schließt auch den Wortfetischismus der Dialektischen Theologie aus, dass die Auferstehung sich ins Wort vollzieht. Dennoch bleibt das Auferstehungsprojekt – wie Bultmann a.a.O. richtig ausführt – die eigentümliche Identität dato- mit post-Welt erhalten. Der Projektant kann jetzt das Sterben und das Tot-sein durchschauen. Nur kurz: Ein Blick auf einige andere neutestamentliche Auferstehungsberichte spricht einmal über den Zweifel zum anderen über den brüchigen und auch über den geringen spontanen Erfolg. Anders in dem bis hierher besprochenen Text Markus 16, 6 b – e: Der oder die Projektanten sind auf sich selber angewiesen, denn die Frauengruppe hält die Exklusivität des neuen Kairos zurück und außerdem ist sie von einer möglichen Zeugenkompetenz ausgeschlossen.
Anobische Interpretation Markus 16, 6 b bis e
Kairos – Skala
Das Fehlen des restfreien Suchobjektes wird auf Stufe 1 minus und die Auferstehungsmitteilung auf Stufe 6 plus eingeordnet.
Intentionalitätseinheit
Der Spannungsbogen ist der extrem grösste.
Immanente Dialektik
Die Stufe c. dürfte ebenfalls mit einem Plus versehen werden.
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