Anobisität vom November, 2022

Forensik

01.11.2022

Gestaffelte Strafverschärfung bei Strafrechtsverantwortungsreife

Dem vor dem Gericht stehenden Angeklagten wird eine Straftat vorgeworfen, die er der Gesellschaft zugemutet habe. Das Gericht prüft den Vorwurf und spricht ein Urteil „Im Namen des Volkes“.

Das Gericht prüft die Strafrechtsverantwortungsreife des Angeklagten. Dieser kann – unterstützt durch die begleitende Verteidigung – z.B.
seine belastende Kindheitserlebnisse oder soziale Zurücksetzung durch natürliche oder juristische Autoritäten dem Gericht vortragen, um ein strafmilderndes Urteile zu erwirken.

Ein liberales Strafrecht ist ein erworbenes hohes Gut demokratischer Gesellschaften und Staaten, das das kalendarische, psychische, psychosoziale und körperliche Alter des Angeklagten sowie dessen psychische und sozialpsychische Struktur in Überlegungen einbezieht bzw. entsprechende Gutachten für eine Urteilsfindung berücksichtigen kann.
Z.B. kann ein Säulendiagramm ein Persönlichkeitsprofil des Angeklagten sichtbar machen, ob sein Existenzaufbau ausgewogen bzw. ausgeglichenfrei strukturiert ist.

Auf den Angeklagten übertragen heisst das intraindividuell: Reziprozität des Gestaltenen Gestalters bezüglich seiner Vergangenheit
– Gegenwart – Zukunftsplanung auf der Basis des psychobiografischen,
-sozialen und kognitiven Zusammenhangs seiner Existenz zur Abklärung, ob Tatidee, -motivation, -entscheidung, -vorbereitung, -ausführung, sowie Taterweiterung und Beseitigung der Tatspuren (ab jetzt als Straftatkomplex bezeichnet), auch strafrechtliche Folgen genügend ausreichend ausgewogen reflektiert worden sind sowie eine Tatvermeidung möglich war.

Wieweit sind jedoch die eben genannten Ressourcenbereiche des Angeklagten, die seine Strafrechtsverantwortungsreife im richterlichen bzw. gutachterlichen Befund herausgearbeitet worden? Z.B. bei einer Affekttat: Wieweit hat der Angeklagte seine Affektstruktur selber beobachtet und behandeln lassen? Selbstverständlich steht der Angeklagte wegen seiner vorgeworfenen Straftat im Rahmen  seiner Strafrechtsverantwortungsunreife vor Gericht. Wieweit jedoch wird seine Reife gerichtlich erhoben bzw. psychodiagnostisch sicher befundet?

Folgende Skizze: 

1. Befragungen hinsichtlich der Aussagen des Angeklagten sowie der Zeugen nach deren personengebundenen Glaubwürdigkeit und deren sachgebundenen Glaubhaftigkeit.

2. Fünffachschritt:
a. Verbotskenntnis: Verbotsirrtum konnte ausgeschlossen werden. Dem Angeklagten waren Tat und deren Folgen bewusst gewesen.
b. Verbotsbereitschaft: Jedoch hatte der Angeklagte eine persönliche Motivation für die Tat.
c. Verbotsbekenntnis: Mit seiner Motivation hinsichtlich der Tat verfolgte der Angeklagte, seine persönliche Lage zufriedenstellend zu lösen oder zu befriedigen.
d. Verbotsausführung: Die Handlungsweise des Angeklagten war zielorientiert, bewusstseinsgesteuert und zeigte eine geschlossene strukturierte Einheit in der Tatausführung.
e. Wie viel organisatorische, psychische, psychosoziale, kognitive Energie floss in den Straftatkomplex ein?

3. Alternativen des Angeklagten
a. Welche biografischen, psychischen, psychosozialen und kognitiven Ressourcen in Bezug auf seine Strafrechtsverantwortungsreife standen dem Angeklagten als Alternativen vor und während der Tatausführung zur Verfügung?
b. In welchem Maße hätte er diese Alternativen einsetzen können?
c. Welche Fremdhilfen hat er in Anspruch (Beratung; Therapie) genommen?

4. Reflexion der Tatidee, um eine Vermeidung der Tatvorbereitung bis zur
-ausführung bzw. Voraussicht der Folgen nach allen Seiten (eigene, fremde gesellschaftliche), die aus der Tatausführung resultieren können:
a. Einschätzung,
b. Selbst-, Fremd- und Sachkritik,
c. Veränderung der Motivation,
d. Aufgabe der Tatidee,
e. Ausloten eines strafrechtsfreien Weges.

5. Zusammenfassung
a. Anobische Methodensequenz (Persönlichkeitseinstellung, Einordnung in Intentionalitätseinheit mit diagnostischem Spannungsbogen, bei Prognose Stufenermittlung in der Immanenten Dialektik)
b. Resultat: nachhaltige Stabilität bei Neuanfang der Existenzführung, Rückfallgefährdung bzw. -vermeidung

6. Urteilsfindung und Strafmaß
a. Strafverschärfung, gestaffelt
bei teilweiser bzw. vollständiger Ausschöpfung der Pkt. 2 bis 5 und
bei teilweiser bzw. vollständiger Ignorierung der Pkt. 2 bis 5;
b. Strafnachlass, gestaffelt
bei Abbruch auf einer Stufe des Straftatkomplexes
c. Strafbefreiung
bei Fehlen von Nachweisen der Alternativen (z.B. IQ weit unter 90; psychiatrischen Krankheiten).

Nachtrag

Der Text FORENSIK kann als Ergänzungstext etwa zu den Texten

1. Sexueller Missbrauch unter anobischem Aspekt XI/10,
2. Ein Kriminalfall XII/18

verstanden werden.