Anobisität der ‘Theologie’ Kategorie

Eine Ambivalenz und ihre säkulare Konsequenz

01.01.2024

nach Markusevangelium 16, 1 ff

I

Es ist ein menschliches Bedürfnis, einen geliebten Verstorbenen in irgendeiner Form festzuhalten. Auch wenn eine lebendige anobische Interaktion mit dem Getöteten aufgehoben worden ist, so wünscht die Gruppe der Grabbesucherinnen die Konservierung des Verstorbenen. Dieser soll der dato-Welt bezüglich in einer dauerhaften Verfügbarkeit erhalten bleiben. Das Ziel der Frauengruppe ist, etwas in der Hand zu haben.

Dagegen steht das göttliche Bedürfnis, dass die post-Welt in die dato-Welt nachhaltig qualitativ zukunftsträchtig eingreift, um die Begrenzung des Gestaltenen Gestalters zu erweitern. 
Die englische Info lautet: Der Getötete hat die dato-Welt restfrei verlassen, er ist frei von ihr. Die Göttlichkeit Gottes in Jesus zeigt nur noch Elemente der Freiheit der post-Welt, der Freiheit vom Tod und vom begrenzten Denk-, Gefühls- und Handlungshorizont des Gestaltenen Gestalters, etwas in der Hand zu haben, die Vergangenheit festhalten zu können. 

Die post-Welt macht die dato-Welt zu ihrem endgültigen offenen Lebensort und damit zum Spannungsfeld der Ambivalenz. Diese Ambivalenz zwischen der göttlichen Realität und dem menschlichen Bedürfnis hat die beiden Endpunkte der Dehnbarkeit fast erreicht. 

II

Der Glaubende wird in die Ambivalenz gesetzt. Die post-Welt hat die dato-Welt für das Operationsfeld Gottes geöffnet. Das Projekt des Vorlaufs der Existenz dringt in die Eigenblockade dem Gestaltenen Gestalter ein.

Das Spannungsfeld der Ambivalenz liegt in doppelterweise klar bei dem Gestaltenen Gestalter: Festgefügtes der dato-Welt zu haben, Freiheit zur post-Welt zu leben.

III

Welche Konsequenz kann sich aus dieser Basis ergeben?

A 
Paulus hat es gewagt, neben der Jesus-Tradition den Christus als den Gekreuzigten und Auferstandenen zur Basis seiner Theologie für die Zeitgenossen zu entwerfen. Seit dieser Theologie sind 1970 Jahre vom ersten erhaltenen Paulusbrief vergangen. Seine Zeit ist antik.


Wir leben in einer völlig anderen Denk-, Gefühls- und Handlungszeit.
Deshalb ein säkularer Vorschlag:

So zukunftsträchtig wie möglich – so herkömmlich wie nötig.

Der anobische Aufriss der Vortexte – vor allem die Methodensequenz, besonders die Universalien, – bietet statt einer paulinischen kompakten Gesamtsicht des Gestaltenen Gestalters eine detaillierte anthropologische Basis.
Zunächst befindet sich der Gestaltene Gestalter während seines Existenzvollzuges bezüglich des gegenwärtigen Gestaltetwordenseins vor, das er als Gestalter jedoch in die Stoβrichtung der Freiheit und der erreichbaren besten Qualität eigenständig lenken kann. 
Er existiert in dem Spannungsfeld der Ambivalenz.

Mein gegenwärtiger Standort – meine Stoβrichtung: anthropologische Details kritisch sichten und diese stufenweise in den immerwährenden Zukunftsprozess einfügen.

Zunächst galt die herkömmliche Abfolge erst die Vorhandenheit und dann mit dem Eintritt des Gestaltenen Gestalters in die Geschichte die Zuhandenheit. 

Jetzt gilt das Umgekehrte, nämlich das gemeinsame Verhältnis der gegenseitigen Ausgerichtetheit und Ansaugfähigkeit von gegenwärtiger Zuhandenheit und dann die zukunftsträchtige Vorhandenheit.

Jesu Eigenständigkeit und sein Eingebundensein Lukasevangelium 2, 41 – 52

01.07.2022

Der Text legt zunächst an drei Stellen Wert darauf, dass Jesus
a. noch ausserhalb der jüdischen Religionsmündigkeit und
b. damit vor der gesellschaftlichen Volljährigkeit steht, sowie
c. in der festen Struktur familiärer Bindung eingebettet ist.

ad a. Jesus ist erst zwölf Jahre alt. Der männliche Jude ab dem 13. Lebensjahr war ein volles Mitglied der Religionsgemeinschaft, das sich nach einer autorisierten Prüfung aktiv am Synagogengottesdienst beteiligen konnte. Der zwölfjährige Jesus befindet sich auf der Schwelle zur Religionsmündigkeit; also im heutigen Sinne etwa einem Teenager vergleichbar. Die notwendige Volljährigkeitserklärung der Religionsgemeinschaft wird für Jesus ausgeblendet. Er befindet sich – wie die Kontextexegese beweist (s.u.) –  außerhalb der notwendigen spätjüdischen Legitimation.

ad b. Jesus hat sich aus der heimkehrenden Familie einschließlich der größeren Pilgergruppen gelöst und ist selbstständig im Jerusalemer Tempel zurückgeblieben (43 b, 44, 46 b – 49). Die eigentliche Trennung von den biologischen Eltern hin zu seinem eigentlichen Vater liegt in V. 49 (s.u.).

ad c. Jährliche Pilgerreise der Herkunftsfamilie Jesu zum Passahfest (41); Hinweis auf die Frömmigkeit und Gesetzestreue seiner Familie, in die der zwölfjährige Jesus eingebunden ist (42); Jesus das Kind (43); Verantwortungsbewusstsein der Eltern für Jesus als Schutzbefohlenen (45), wird verstärkt (46 a); Auffinden Jesu statt Erleichterung und Freude Schreck der Eltern mit Marias Vorwurf sowie sorgenvoller Belastung (48) inklusive Hinweis auf seinen Vater Joseph, und der emotionale Schock beider Elternteile (48 a); Maria als vorwurfsvolle Gesprächsführerin (48) benützt das Wort teknon = Kind, das das Verhältnis zu beiden Elternteilen beschreibt (48) [s. dazu BAUER, Griechisch-Deutsches Wörterbuch]; Jesu zurechtweisende Antwort in suggestivähnlicher Frageform (49 a), dennoch mit anschließender Begründung; Jesus der Heranwachsende in der spätjüdischen patriarchalen Gesellschaft (51 und 52).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Jesus in eine doppelte Rolle eingebunden ist: einerseits die selbstständige Entscheidung des Tempelaufenthalts, andererseits die Einordnung zur Zugehörigkeit der menschlichen Gemeinschaft.

Das Exklusive dieses Textes liegt in den Versen 46 bis 49. Hier wird die doppelte Zugehörigkeit Jesu zu einer dreifachen erweitert.

1. Der Tempel als Ort des Auffindens Jesu und dessen Gespräch mit den theologisch versierten Autoritäten.
2. Der Tempel als das eigentlich religiöse Zentrum des Judentums. Jesus befindet sich am „Herzschlag“ der jüdischen Religion.
3. Jesu zwei Antworten an Maria in Frageform: a. Grund ihrer Suche, b. der Tempel ist das Haus meines (himmlischen) Vaters. Jesus antwortet gemäß dieser Funktion: „Es ist notwendig, im Haus meines Vaters zu sein!“ Hier bin ich richtig.
4. Frage-Antwort-Interaktion zwischen dem mündig werdenden Jesus und den legitimierten Autoritäten. Jesus zeigt seine theologische, religiöse Eigenständigkeit. Der genaue Inhalt des Gesprächsverlaufes unterbleibt.
5. Die Reaktion der Autoritäten auf den Gesprächsverlauf war aussergewöhnlich. Diese sind bezüglich Jesu Auffassungsgabe, seiner Urteilskraft, seines Scharfsinns wie „aus dem Häuschen“ = existanto = aus der Fassung gebracht. Offenbar will der Text zeigen, dass Jesus den jüdischen Autoritäten theologisch, religiös überlegen ist.
6. Jesus nimmt autonom zu seinem eigentlichen Dasein Stellung und grenzt sich damit von seinen biologischen Eltern expressis verbis ab, während die Qualität des Gesprächs mit den Autoritäten nur durch deren Reaktion angezeigt wird.

Das zwölfjährige Lebensjahr Jesu bietet dem Text die Möglichkeit, dessen künftiges Spannungsverhältnis aufzubauen: einerseits Zugehörigkeit zu seinem (himmlischen) Vater – andererseits zu seinen biologischen Eltern und den jüdischen Gesprächspartnern.

Seine Eltern verstanden nichts (50). Jedoch Maria speicherte alle Antworten ihres Sohnes ab (51 b). (Wieweit kann hier ein Ansatz zum Messiasgeheimnis vorliegen?)

Jesus tritt in dem zunächst isoliert umgelaufenen Text eigenständig auf. Eine ausdrücklich genannte Legitimation kann dann auch unterbleiben.

Dazu der redaktionelle Kontext:

1. Eine indirekte Legitimation für sein Dasein, sein Wirken Kap. 2, 22 ff, Kap. 3, 1 – 19.
2. Eine direkte weist auf die himmlische Rechtverfertigung (zielgerichtet expressis verbis Kap. 2, 11 und 12; Kap. 3, 21 b und 22) seiner religiösen Funktion.
3. Kap. 1 bis 3 bilden eine ausreichende Basis für Jesu späteres Engagement per Vollmacht ab Kap. 4.

Zur theologischen Weiterentwicklung:
Die eingangs zusammenfassende Textüberschrift kann Joh. 1, 1 und 1, 14 vorbereiten.

Die anobische Sichtweise

Die vorstehende Interpretation ist bezüglich der Verdeutlichung für heutige Leser stark verschachtelt durchwoben, dass Angaben zur anobischen Methodensequenz eher nachträglich sinnvoll sind.

Zu den Universalien

1. Persönlichkeitseinstellung
a. Introversion Die Jesusgestalt ist in diesem Text introvertiert aufgebaut: einerseits nimmt Jesus seine (himmlisch) bestimmte Funktion selbstsicher wahr, andererseits hat er sich selbstständig aus den Pilgergruppen gelöst sowie sich auch familiär als Schutzbedürftiger untergeordnet. Die introvertierte Persönlichkeit vollzieht trotz Beachtung gesellschaftlich geregelter Forderungen ihre eigene Freiheit. Die introvertierte Grundhaltung kann ein manifestes Ich innerhalb der gesellschaftlichen Einbindung durchgängig halten.
b. Plaesionie Als Mutter und Wortführerin tritt Maria engagiert ihrem Sohn gegenüber auf. Ihr Einsatz für den selbstständig handelnden Sohn ist gepaart mit Sorge und hoher emotional geladener Reaktion. Die plaesionische Persönlichkeit in ihrer Grundhaltung richtet sich auf das Mitsein aus; das Ich-Sein tritt eher zurück.

2. 4. Äussere Lebensgestaltung
Jesu Eltern nehmen ihre Erziehungsaufgabe und Beaufsichtigungspflicht für ihren Sohn engagiert wahr, fragen nach dem Verbleib ihres Kindes in andern Pilgergruppen ergebnisfrei nach, suchen nach dem Verschwundenen drei Tage in Jerusalem und sind schockiert, ihn im Tempel wiederzufinden.
Das Extrem sorgenvolle Autorität kann voll angesetzt werden.

3. 6. Ortseinstellung
Der Zwölfjährige gibt den Tempel, die Wohnstätte Gottes, als sein eigentliches Zuhause an. Für seine eigentliche Funktion ist das Extrem stabilitas loci angemessen.

4. 8. Kulturgebundenheit
a. Offenbar ist Jesu Herkunftsfamilie gemäß spätjüdischer Frömmigkeit und Gesetzestreue deutlich hervorgehoben aufgebaut.
b. Für die Religionsautoritäten kann nur auf deren Reaktion verwiesen werden; Information der Gesprächsinhalte unterbleiben.
c. Jesu Antworten resultieren wohl aus seiner dargestellten Funktion.
Bezüglich der drei Bereiche a bis c zeichnet der Text eine plurale Einstellung.

Zu der Intentionalitätseinheit

Jesus als Zwölfjähriger befindet sich auf der Kairos-Stufe 2 in der gehorsamen Unterordnung unter seine Eltern aber auch in der abweisenden Antwort an seine Mutter. In der Funktion als Sohn seines himmlischen Vaters ist Jesus stabil und kann daher in die Kairos-Stufe 6 eingegliedert werden.
Das ergibt einen Spannungsbogen von 5 Stufen. Die spätere durchgängige Auseinandersetzung mit einer festgefahrenen Gesetzestreue bestimmter Bevölkerungsteile haben ihren Ansatz.

Zur Immanenten Dialektik

Jesu Einordnung sowohl in Religionsfrömmigkeit als auch in die gesellschaftliche Stellung, die einem Zwölfjährigen noch zukommt, befindet er sich auf der Stufe b., also hier werden zwei Gegenüber – Einzelperson Jesus vs. Familie und Autoritäten – markiert. Die stabil eigenständige Funktionsausübung, die sich dann im Verlauf seines Wirkens durchgängig erweist, gehört auf die Stufe c.

Zur Wesenseinheit von Inhalt und Methode

Die Anobisität ist das Primitivste, was es überhaupt im Kosmos gibt. Sie ist so primitiv, dass sie die höchste Qualität verkörpert und selbst ihr Eigentümer ist. Die o. aufgefächerten Interpretationsteile können von der Basis der Methodensequenz zu den Textaussagen hin- und her geschlossen werden; sie sind immer miteinander deckungsgleich.
Die Anobisität produziert Zirkelschlüsse und hält diese auch aus; das kann sie auch locker!
Schließlich schaut das Sein durch die und als Anobisität uns direkt in die Augen.

Zur Reziprozität

In dem lukanischen Text sind bezüglich Jesu der Gestaltener und der Gestalter nur additiv reziprok, während in Joh. 1,14 beide Bereiche organisch miteinander verbunden sind.

Historisch – kritische Arbeit

01.03.2022

Die historisch-kritischen Textanalysen der synoptischen Evangelien (= die ersten drei Evangelien) entbehren selbst bei den kritischsten Exegeten der notwendigen Konsequenz. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen haben verschiedene Quellen herausgeschält: Aussagen des Initiators des christlichen Existenzangebotes, der  sogenannten christlichen Gemeinde, bekannte Sprüche der Umwelt.  Die beiden letzt genannten Quellen wurden Jesus in den Mund gelegt.

Diese Forschungsgegenstände der Theologen sind insgesamt originalfrei und beziehen sich ausschließlich auf Abschriften sogenannter Urtexte. Jedoch fehlen in den Zweit- und Drittschriften ab dem 2. Jahrhundert untereinander die textlichen Übereinstimmungen.

Auch textkritische Ausrichtungen, mögliche Urtexte wiederherzustellen, vermeint man, (sichere) Originale zur Hand zu haben. Diese Texte basieren aber stets auf vorhandenen variablen Abschriften; verschiedene Rekonstruktionen sind möglich.

Die Abschriften sind in der altgriechischen Umgangssprache (koine) verfasst, während die Sprache Jesu das Aramäische war. Also liegen stets nur Übersetzungen vor, die auch deutlich mit unterschiedlichen theologischen redaktionellen Aufbereitigungen vorliegen. Diese theologischen Redaktionen, die sich in den synoptischen Evangelien finden lassen, gehören einerseits verschiedenen Kulturkreisen an (Alter Orient, Spätjudentum, Hellenismus; auch mit Überschneidungen untereinander), und sind andererseits an unterschiedlich soziale und ethnische Bevölkerungsschichten adressiert. Es gibt also eine Höchstzahl an übereinander liegenden und von einander abweichenden Textschichten.

Auf der Grundlage einer angenommenen Zuverlässigkeit der Rekonstruktionen konnte der Kanon des Neuen Testaments hergestellt werden. Diese ehemaligen verlorenen Originale waren Gebrauchstexte für die christlichen Gemeinden; nun avancierten die Abschriften, Rekonstruktionen und Bearbeitungen zu Worten des lebendigen und ewigen Gottes.

Den Lesern der neutestamentlichen Texte ist die direkte Verfügung des ursprünglichen göttlichen Wortes versperrt.

Dieser IST-Bestand korrespondiert mit der Göttlichkeit Gottes und eröffnet das Operationsfeld Gottes, in dem der Gestaltene Gestalter verantwortungsvoll historisch-kritisch-aktuell aufbauend agieren kann.

Hier liegt das Ende des Wortfetischismus aller Couleur und der Beginn des freiheitlichen Prozesses vor, um auf jener anobischen Schicht weiterzuarbeiten.

Die kurzgeschilderte literaturwissenschaftliche Arbeit am Neuen Testament möchte den originalen Initiator des christlichen Existenzangebotes aus den vielfach überlagerten Informationen herausschälen, indem die Aussagen dieses Urhebers von anderen Quellen (Gemeindebildungen; Umweltsprüche) abgesetzt werden können. Hier soll einerseits Jesus von Nazareth als Christus das Glaubenssubjekt seiner Anhänger und andererseits dieses gleichzeitig zum Glaubensobjekt der Christen gemacht werden.

Diese vorgegebene konsequente Forschungsarbeit und deren entsprechenden Ergebnisse basieren ausschließlich auf Spätschriften und Rekonstruktionen. Somit fehlen auch originale Aussagen der Auferstehung, auch wenn diese der eigentliche Anlass zur Bildung der christliche Gemeinde und späterer Kirche geworden ist. Eine sicher verifizierte direkte Verbindung von den Abschriften sowohl zu dem sogenannten Schöpfer der christlichen Religion als auch zu seinen ersten und zweiten Anhängern bzw. den ersten theologischen Autoren der frühesten Gemeinden ist und bleibt utopisch.                                                                                    

Diese Rekonstruktionen oder die Spätschriften gelten als das Wort Gottes.                                                                                  

Christen haben also nur aus der Antike verschiedene schriftliche Spätschriften ab dem 2. Jahrhundert, davon Rekonstruktionen bzw. mündliche aktuelle Aussagen (Bekenntnisse, Predigten) zur Verfügung. Ein verifizierter durchgängig geschlossener Kreis von der Ursache bis zur Gegenwart bleibt ausgeschlossen.                                 

Diese übereinanderliegenden vielfältigen Schichten können einer „Rosienpickerei“ zum Opfer fallen; was kirchen- und theologiegeschichtlich nachgewiesen ist.                                                          

Also, für jeden Nutzer dieser Texte heißt es: Aufgepasst!
Und das ist gut so!                                                                   

Warum ist das gut so?                                                                      

ERSTENS:                                                                                                    
Die vorliegenden Texte bieten in unterschiedlichen Qualitäten Teile der menschlichen Existenz an, die in anobische Lebensentwürfe vorteilhaft eingefügt werden können.            

ZWEITENS:                                                                                                               
Die Übernahme der Aussagen zeigt die anobische Schicht an, in der sich der jeweilige Gestaltener Gestalter befindet, der sich innerhalb der Intentionalitätseinheit zwischen seinem aktuellen Kairos – Standort und seinem möglichen Endpunkt kritisch äußert.

DRITTENS:                                                                                          
Die rekonstruierten neutestamentlichen Texte bzw. die Spätschriften und ihre aktuellen Interpretationen sind Teil einer kulturell-zivilisatorischen Gesamtheit, die ebenfalls die anobische Existenz weiter voranbringen können.                                                  

VIERTENS:                                                                                         
Diese immanente Gesamtheit mit ihren breiten und vielschichtigen Angeboten fördert die Toleranz aller Gestaltener Gestalter. Denn die Immanenz – selbst aus welcher Quelle auch immer – gibt der Anobisität in ihrer Denk- und Handlungsstruktur das vor, womit gearbeitet werden kann.                                                                    

Aus der Welt für die Welt.               

Dieser letzte Abschnitt weist auf die Implikationen gemachter Erfahrungen anderer Gestaltener Gestalter hin, die der aktuelle Nutzer zu seinen Explikationen gestalten kann.

Wie sieht nun das Verhältnis von Implikation und Explikation innerhalb des Vorbildbuches Neues Testament aus?

Nur innerhalb des synoptischen Evanglienblocks ist ein deutlich sichtbares Verhältnis von Implikation und Explikation nachweisbar. Die beiden Seitenreferenten Matthäus und Lukas entwerfen ihre Explikationen weitgehend von den Implikationen des Markus.

Innerhalb der echten und vermeintlichen paulinischen Brief- sowie der johanneischen Literaturgruppe lassen sich genuin eigenständige Explikationen finden.

Prinzipiell bauen alle Schriften das Sachgebiet Christus montiert auf eine Person namens Jesus (von Nazareth) eigenständig aus.

Übertragen auf die Reziprozität des Gestaltenen Gestalters wird eine stärkere Eigenständigkeit des aktuellen Gestalters in seinem freiheitlichen Prozess deutlich. Auch seine Weitergabe an kommende Generationen ist wichtig.

NACHBEMERKUNG                                                                                              
Während der Aufbereitung der neutestamentlichen Schriften zum Kanon trat zu der Sachorientierung auf Christus zusätzlich die die Personengebundenheit Apostolizität.

                                                     

Anobische Interpretation

01.03.2011

Teile 1 bis 3

Teil 1

Alle Objekte, die durch eine anobische Interpretation erfasst werden sollen, werden mehr als nur einmal (in der Regel dreimal) in den hermeneutischen Zirkel gegeben werden müssen.

Alles Sichtbare und außerhalb der Sichtbaren dieser Welt gelten als interpretierfähige Objekte.

Die anobische Interpretation untersucht zunächst die Struktur des Textes, indem 1. seine Elemente und 2. deren Funktionen festgestellt werden. Die Kairos-Skala ordnet in die Stufenlehre ein.

Spannungsbögen, Universalien, Intentionalitätseinheit und Immanente Dialektik sollen dann folgen. Am Schluss der hermeneutischen Zirkelläufe steht die anobische Gesamtfassung der Interpretation.

Mit dieser Interpretation kann der Text auf Grund neuer Informationen und Erkenntnisse erneut abgeklopft werden, um das Ergebnis zu modifizieren, zu verifizieren oder zu falsifizieren.

Für die neutestamentlichen (auch für die alttestamentlichen) Texte wird die historisch-kritische Methode ein sekundäres – wenn auch wichtiges – Hilfsangebot. Es bleibt bei der Entscheidung des Interpreten, ob er die rekonstruiert mündliche, nach seiner textkritischen Analyse die schriftlich fixierte, zusätzlich die Kontext- sowie die redaktionelle Fassung oder auf der Basis des Kanons deuten möchte. Bezüglich des Kanons muss nach dessen Kriterium gefragt werden. Welches soll jedoch leitend in der langen Theologiegeschichte sein? Ich schlage das Kriterium „Göttlichkeit Gottes“ vor. Texte, die dieses Kriterium erfüllen – auch säkulare – , können einen kanonischen Anspruch erheben.

Es werden drei Texte vorgestellt
(die in Klammern gesetzte fettgeschriebenen Zahlen sind die Einordnungen der Kairos-Skala):

1. FRANZ KAFKA, DAS GESETZ,
2. LUKASEVANGELIUM 16, 1 ff. DER KRIMINELLE GUTSVERWALTER oder EIGENINITIATIVE VOR DER EIGENSTÄNDIGEN ZUKUNFT (Teil 2 – November 2010) als Gegentext zu 1. und
3. MATTHÄUSEVANGELUM 2, 1 ff. DIE ASTROLOGEN AUS DEM OSTEN oder DIE MESSIANISCHE ERFÜLLUNG IM KINDMYTHOS (Teil 3 – Dezember 2010)

Nun zu dem 1. Text:

1. Elemente
a. das Gebäude „Gesetz“, b. die offenstehende Tür, c. der erste Türhüter, d. weitere Türhüter, e. der Mann vom Lande, f. die Flöhe;

2. Funktionen
ad 1.a. anonyme Autorität einer Machtstruktur (2)
ad 1.b. freier Eingang nur für den Mann vom Lande (3); wird am Schluss geschlossen (1),
ad 1.c./d. erster (2) und weitere Vertreter (1,5) der anonymen Autorität in steigender Mächtigkeit; erster Türhüter spielt seine Macht aus (2) und stellt dem Mann vom Lande den Zutritt in Aussicht (2,5),
ad 1.e. Mann vom Lande begehrt Einlass, folgt dem Einlassverweigerer bis kurz vor seinem Ableben gehorsam, er verbleibt im Wartestand trotz Bitten, Durch-die-Tür-Schauen und Bestechungsgeschenken, ist fixiert auf sein Einlassbegehren, schreibt dem ersten Türhüter mehr Macht zu (2); körperlich, sozialer und psychischer Absieg (1,3), Selbstbefragung nach dem Grund, warum nur er Einlass begehrt; im Verhalten zu sich selbst festgelegt (2); am Erzählschluss ist er dem Tode nahe (1,1);
ad 1.f. in seinem Abstieg verfällt der Mann vom Lande sogar auf die Kommunikation mit den Flöhen im Pelz des ersten Türhüters als mögliche Helfer (1,3).

3. Kairos-Skala / Berechnungseinheit
21,7 : 12 = 1,81 Der Spannungsbogen reicht von 1 bis 3 – genauer 1,1 bis 3,0; also eine geringe Bewegungsmöglichkeit von 2,0 Punkten. Außerdem bewegt sich die Erzählung eher im unteren Bereich der Kairos-Skala und wird in die Stufe 1 mit starker Tendenz zu 2 eingeordnet.

Die Ablaufgestalt der Erzählung ist in sich abgeschlossen. Sie verbleibt innerhalb des status quo in der Relation 1. Gehorsam gegenüber einer anonymen Macht-Autorität, die reichlich, erfolgreich und destruktiv ausgeübt wird, und 2. Umgang des Gehorsamen mit sich selbst. Die Diskrepanzen Über – Unter sind in beiden Punkten überdeutlich. Eine Vermeidung der Übereinstimmung ist ziemlich extrem ausgestaltet.

4. Universalien
a. Dasein – Mitsein
Hier wird nur der Aspekt Dasein – Umgang mit sich selbst – herauskristallisiert. Der Mann vom Lande bleibt nur innerhalb seiner Wirklichkeit, andere Möglichkeiten im Umgang mit sich selbst unterbleiben. Er verharrt in einer negativen Negation.
b. Persönlichkeitseinstellung
Beide Figuren der Erzählung sind zwanghaft aufgebaut. Sowohl der ertse Türhüter als auch der Mann vom Lande halten an ihrem jeweiligen Zielbewusstsein durchgängig dogmatisch fest. Selbstkritik unterbleibt.
c. Äußere Lebensgestaltung
Lässige Passivitäten gepaart mit extrem geringen Aktivitäten bilden das Motiv im Aufbau der Konstellation anonyme Autoritäts- und personengebunder Gehorsam.
d. Weltgestaltung
Ablauf eines Geschehens zwischen einer fast bis zum Zerbrechen perfekt gehorsamen Person unter der absolutistischen Haltung einer anonymen Machtstruktur.

5. Struktur von Inhalt und Form
Die Erzählung läuft hinsichtlich der Struktur von Inhalt und Form auf die positive Negation hinaus. Die positive Form: Ich will da hinein; ich schließe die Tür; die inhaltliche Negation: die Chance hineinzukommen wird mit dem Schließen der Tür endgültig unterbunden; Mann vom Lande nimmt diesen Abschluss widerspruchslos hin und ist kurz vor dem Ableben. – Eine positive Negation hat stets zynische Tendenzen.

6. Intentionalitätseinheit
Der Mann vom Lande erlebt eine doppelte Blockade hinsichtlich eines Fortschritts in der Entwicklung, seine Chance wahrzunehmen. Er blockiert sich selbst und akzeptiert den blockierenden Türhüter. In der Selbst- und Fremdblockade fehlt jeweils der Durchbruch. Die Erzählgestalt ist in sich abgeschlossen. Die Gegenwart des Mannes vom Lande endet vor der Inbesitznahme der Zukunft (gen. subj.). Es gibt also keine Zukunft für den Mann vom Lande. Die Intentionalitätseinheit wäre bei der Wahrnehmung der Chance des Mannes vom Lande eine Stufe weiter ausgebildet.

7. Immanente Dialektik
Die Erzählung bleibt für den Mann vom Lande in der Korrespondenz mit dem ersten Türhüter und umgekehrt auf der Stufe a. mit einer starken Tendenz zu b. In ihrer Interaktion fehlt der Respekt der Gleichheit. Das urbewusst eigen- gepaart mit dem fremdpersonengebundenen Über, das ein zielgerichtetes und durchsetzungsfähiges Contra ausgebildet hat, führt den Schwächeren zu dem lebensgefährdenden Rand der Existenz. Es fehlen für die nächsten Stufe das Bewusstsein der eigenen Initiativ-Möglichkeit und der Respekt des Stärkeren vor dem Schwächeren.

8. Anobisität Zielvorgabe und Selbst- wie Fremdblockaden, die sich in gleichbleibenden bedrückenden Kreisläufen vollziehen wirken lebenzerstörerisch. Der Mann vom Lande ist vor dem Haus des Gesetzes schon selber das Gesetz. Noch pointierter: Schon vor der Entscheidung, zum Haus des Gesetzes aufzubrechen, befand sich der Mann vom Lande in seinem eigenen Gesetz.

Ein Gegentext ist LUKASEVANGELIUM 16, 1ff (Text im nächsten Monat) (s. dort noch weitere Textempfehlungen)

Antwortgarantie auf Ihr Votum: E-Mail: hans-georg.fellecke@freenet.de

Eingriff in die somatische Keimbahn mit Erbfolge

01.09.2010

Ein Anstoß

Teil 1
Der Mensch als gestaltener Gestalter kann sich möglicherweise als „Entwicklungshelfer“ seiner selbst zu einem qualifizierteren Wesen evolutionär betätigen. Ein Eingriff in die somatische Keimbahn bringt ein verändertes Wesen mit entsprechenden Nachkommen hervor.

Dieses Thema steht zur Zeit außerhalb der Diskussion. Dennoch können zukunftsträchtig vorbereitende Gedanken geäußert werden.

Im Warteraum des selbstmörderischen Handelns der angeborenen und gesetzten Destruktion können Voraussetzungen geschaffen werden, die diesen Warteraum mildern bzw. ganz aufheben.

Folgende Fachgebiete sind zu beteiligen: Biologie, Medizin, evangelische Theologie und Psychologie.

Ich beschränke mich auf die zuletzt genannten Fächer.

Zunächst zu dem älteren der beiden Fächer: die Theologie in ihrer protestantischen Ausprägung.

Die Schöpfungstheologie hat einen 3000-jährigen Bestand und verhält sich mit dem älteren – an zweiter Stelle genannt – Schöpfungsbericht (Gen. 2, 4b) in einer zu unserer Welt umgedrehten Problematik. Die Namensgebung der Tiere (v. 20) gilt als Herrschaft über die Fauna. Mit dem Auftrag des Untertanmachens der Erde (Gen. 1, 28b) des ersten Schöpfungsberichts (Gen. 1,1 ff) von  vor 2500 Jahren ist nur eine Beherrschung der außermenschlichen Natur gemeint. Diese alttestamentlichen Texte bleiben für eine Ableitung hinsichtlich einer Entscheidung pro oder contra eines Eingriffs in die somatische Keimbahn mit Erbfolge ausgeschlossen. Der gestaltene Gestalter ist nur zur Regulierung der außermenschlichen Natur zugelassen.

Eine noch so Intelligente und findungsreiche „Ausbeute“ dieser Texte – inklusive Gottesebenbildlichkeit verfehlt die Stoßrichtung der Keimbahntherapie mit Erbfolge.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die beiden Schöpfungsberichte – deutlicher in Gen. 1 – zu dem zur Diskussion gestellten Thema außerhalb einer direkten wie indirekten Aussge fähig sind.  Schöpfungstheologie und die von ihr abhängige Schöpfungsethik und die somatische Keimbahntherapie befinden sich außerhalb einer Zuordnung.

Neugestaltung ist die summarische Voraussetzung der somatischen Keimbahntherapie.

Mit den neutestamentlichen Texten wird eine Neuschöpfung des Menschen angekündigt. Dann treffen Theologie und Keimbahnveränderung mit Erbfolge sich auf gleicher Ebene. In der Offenbarung des Johannes Kap. 21 wird die Vision des Glücks, frei von Tränen, Leiden, Jammer, Schmerzen, Krankheit und Tod beschrieben. Der Zweite Jesaia ab Kap. 40 hat gleiche Gedanken geäußert. Paulus drückt diesen Gedanken anders aus.

Der Verfasser der Offenbarung des Johannes spricht von der Befreiung der Disqualitäten der menschlichen Existenz. Paulus geht von dem stoischen Gedanken „Freiheit wovon – Freiheit wozu“ aus; also Freiheit zu welchen Qualitäten?

Eine präzisere Exegese und ein neues Kapitel der Systematischen Theologie sind notwendig geworden. Das könnte der entscheidene gemeinsame, dynamische Punkt einer fruchtbaren Zusammenarbeit von evangelischer Theologie und Keimbahntechnik werden.

Teil 2 im September 2010

Antwortgarantie auf Ihr Votum: E-Mail: hans-georg.fellecke@freenet.de

Eingriff in die somatische Keimbahn mit Erbfolge Ein Anstoß

01.09.2010

Teil 2

Das zweite Fach, das angestoßen werden soll, ist die empirische (!) Psychologie der Universitäten. Wohl eher ist hier die Neuropsychologie gefordert. Ich beschränke mich auf das Thema der Aggressivität. Leider gehen die Meinungen in der forschenden Psychologie hinsichtlich dieses Themas auseinander. Welche Aggressivitäts- bzw. Aggressionstheorie kann den Vorzug erhalten? Oder muß ganz neu angesetzt werden?

Hier ist ein Konsens notwendig.

Vorausgesetzt, dass Aggressivität genverknüpft ist, müsste erforscht werden, ob ein oder mehrere Gene für die Aggressivität verantwortlich sind. Wenn ein z.B. nur ein Gen die Basis für spontane aggressive Handlungen ist, muss dieses dann nur gekappt oder komplett entfernt werden?

Nach der eindeutig nachgewiesenen genverknüpften Aggressivität kann weitergedacht werden.

Die fünf möglichen Ziele aggressiven Handelns 1. die eigene Person, 2. der Mitmensch, 3. die an- wie 4. organische Natur und 5. vom Menschen hergestellte Fertigungen können zumindestens vor einer Destruktion bewahrt bleiben und eine Intergrität allgemein angesetzt werden.

Obwohl das Alte und das Neue Testament ihre Texte mit Aggressivität wie mit Aggressionen gefüllt haben, ist dennoch etwas Neues vorgesehen.

Eine bloße Integrität aller Menschen bleibt außerhalb eines geschlossenen neues Weltaufbaus wie im Reich Gottes oder im kommunistischen Weltreich vorgesehen. Die Geschichte hat schon genug fehlgeschlagene Ansätze aufzuweisen.

Die 5 Instrumente Anobisität, Universalien, Kairosskala, Intentionalitätseinheit und Immanente Dialektik bilden die denkerische und handelnde Basis.

Die Anobisität als ein Kerngeschehen, in dem die Energien einander zugewandt sind, ist ambivalent und hat eine ruck- und pumpartige Stoßrichtung auf einen neuen Stand der Evolution in der an-, organischen und menschlichen Natur zu kommen. Kann der agressive Teil der Ambivalenz im Menschen ausgeschaltet werden, um die Integrität der Menschheit zu gewährleisten?

Hinsichtlich der Intentionalitätseinheit und der immanenten Dialektik ist noch Raum für einen weiteren Schub in der Evolution bzw. Selbstgestaltung der gestaltenen Gestaltern vorhanden.

Antwortgarantie auf Ihr Votum: E-Mail: hans-georg.fellecke@freenet.de