Anobisität vom April, 2015

Das dynamische Projekt des Textes Markusevangelium 16, 6 b bis e – Teil 1

01.04.2015

Vorbemerkungen

Der genannte Text durchbricht alle bisher angedachten Auferstehungsansätze alttestamentlicher und hellenistischer Vorschläge. Dieser Text jedoch ist ein anthropologischer Quantensprung. Wieweit kann der oder die Verfasser theologisch genial bezeichnet werden?

Theologische Voraussetzungen

Dem jenseitigen Jahwe fehlten in seiner Allmacht und in seiner eigentlichen Aufgabe, für Israel geschichtsmächtig zu handeln, die Werdung des Gestaltenen Gestalters und dessen AUS-WEG-AUS. Seine Allmacht musste sowohl auf die Werdung des Gestaltenen Gestalters als auch auf dessen Tot-seins ausgeweitet werden. Folgerichtig musste das Tot-sein radikal eliminiert werden. Denn diese drei absoluten Bedingungen der dato-Welt waren die Selbstblockaden Gottes. Um diese Selbstblockaden aufzulösen und auch den Gestaltenen Gestalter miteinzuschliessen, musste konsequenterweise die dato-Welt einschliesslich der Restbestände des AUS-WEG-AUS zu Gunsten der post-Welt geöffnet werden. Ausserdem musste die Göttlichkeit Gottes absolut nachweisfrei erhalten bleiben.

Textbestand Markus 16, 5 und 6

In dem zu interpretierenden Text dockt die göttliche post-Welt an die dato-Welt direkt und zielsicher an die Frauen an. Der Gegensatz während dieser Berührung ist extrem gross: der göttliche Abgesandte mit einer Mitteilung, die die letzte Bastion der dato-Welt aufhebt und den Zugang zur post-Welt öffnet, mit einer weiblichen Besuchergruppe, die genuin aus Kompetenzgründen zur Weitervermittlung ausgeschlossen ist; was ja auch in V. 8 wenn auch mit einer anderen Begründung unterstrichen wird. Der überraschende Einbruch der post-Welt wird offenbaungsgemäss mit einer negativen Reaktion der Frauengruppe quittiert. Die Entschärfung der Rückwirkung mit der Info über die letzte Enthüllung bezüglich der Zukunft des Gestaltenen Gestalters misslingt; was sich auch bis auf dem Weg vom Offenbarungsort (!) durchhält. Die Begründung des angelus interpres ist ein radikal Absolutes: Selbst die üblichen Restbestände eines Verstorbenen sind der dato-Welt genommen. Aus dem AUS-WEG-AUS wird ein AUS-WEG-AUS-WEG.

Die göttlich entleerte Grablege

ist in der mythologischen Literatur frei von einem Pendant. Religionsgeschichtlich befindet sich die Auferstehung Jesu in einer singulären Exklusivität. Dazu gehört auch eine adäquate Denkweise. Paulus hat die im 1. Korintherbrief 15 angeboten (siehe unten). Das Markusevangelium bzw. die Verfasser unseres untersuchten Textes bieten die Lösung der göttlich entleerten Grablege an. Dieser Text ist also in der Mythologie originell. Er ist formal wie inhaltlich ein sogenannter Offenbarungstext. Offenbarungstexte bieten anthropologische Zukunftsprojekte. Der Text hat ein anobisches Rahmenverhältnis: Anrede des Engels und Reaktion der Frauengruppe – auch noch nach Beendigung der Ansprache. Anobischer Inhalt: Auferstehungs-Info und Auftrag an die Jünger (V. 7b entfällt in meiner Interpretation). Das Grab ist der Lebensort im Rahmen der Zukünftigkeit der Zukunft.

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Das dynamische Projekt des Textes Markusevangelium 16, 6 b bis e – Teil 2

01.04.2015

Textbestand Markus 16, 6 b bis e

Um den eigentlichen Kernsatz dieses Textes präziser fassen zu können, unterteile ich den V. 6 in 5 Teile. Der Versteil a umfasst die Anrede des Engels an die Frauen. Die Teile b bis e sprechen von dem gesuchten Objekt mit Nennung des Namens Jesus und dessen Todesart als Identifizierung des Gesuchten (b), weiter von seiner Auferstehung als göttlicher Offenbarung (c) mit deren Bekräftigung seiner Abwesenheit (d) und der Nachweisbarkeit der leeren Liegestatt frei von Restbeständen der gesuchten Leiche (e). Die Teile b bis e bilden den „inneren Textkern“, der von dem Kontext so isoliert werden kann, dass er von jedem gläubigen Christen ausgesagt werden kann. Hier ist die Aussagesequenz der Teile b – e dem Engel in den Mund gelegt worden.

Textbestand Markus 16, 1 – 4; 7 und 8

Der textliche Bestand der V. 5 und 6 mit dem inneren Kern V. 6. b – e ist in eine erzählende Rahmenhandlung eingebettet:

1. Die Frauengruppe sorgt sich um den Zugang zur Grabhöhle. Ausserdem folgt sie der Tradition der dato-Welt, den Verstorbenen liebevoll pflegen zu wollen. Sie selbst ist also voll und ganz in die dato-Welt integriert. Jedoch die göttliche Welt hat schon längst vorher sowohl deren Sorge aufgehoben als auch deren Wunscherfüllung verhindert (V. 1-4).

2. Die Frauengruppe missachtet den göttlichen Auftrag. Die extreme Mitteilung über die Zukunft des Gestaltenen Gestalters verbleibt ausschliesslich bei ihr (V.7 und 8).

Vergleich Markus 16, 1 bis 8 mit 1. Korintherbrief 15, 1 bis 19; 38a; 40; 44 bis 48 (49)

Die oder der Verfasser des markinischen Textes A ist einerseits präziser in der Aussage bezüglich des Restbestandes als das Argumentarium des „lutherischen Normaltheologen“ Paulus B, andererseits sind beide inhaltlich jedoch auch identisch.

1. Beide Texte A und B arbeiten restbestandsfrei, A mit dem Hinweis auf die leere Ablage, B mit der Gegenüberstellung der Extreme irdischer und himmlischer Leib. A bringt einen Beweis der Auferstehung durch die Leere, B macht einen Sprung in der Gestaltung von der dato- zur post-Welt in der Kombination Auferstehung Jesu mit der allgemeinen Auferstehung von den Toten. Beide arbeiten an diesem Punkt nachweisfrei; wie sich das „theologisch gehört“.

2. Beide Verfasser A und B (15, 1 bis 4; 16 und 17a) stehen voll in dem Operationsfeld Gottes.

3. Jedoch bleibt A frei von Zeugenschaft als Gewährsleistung – also konsequenter -, während B sowohl fremde als auch sich selbst als Gewährsmänner angibt (15, 5 bis 10).

4. A gibt die dato-Welt als den Raum der Weitervermittlung an; bleibt jedoch in einer Soll-Vorschrift stecken. B weist auf seinen missionarischen (15, 1 bis 3a; 11) wenn auch brüchigen (15, 12 bis 17; 19) Erfolg hin.

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Das dynamische Projekt des Textes Markusevangelium 16, 6 b bis e – Teil 3

01.04.2015

Der Sitz im Leben

Auch wenn sich beide Texte A und B näher kommen, so haben sie jedoch verschiedene Sitze im Leben. Der Textteil  Markus 16, 6 b bis e ist eindeutig ein Bekenntnis eingebettet in eine für hellenistischer und orientalischer Denk- und Religionswelt angemessene Rahmenhandlung. Statt des traditionellen Terminus Bekenntnis schlage ich den Begriff Projekt vor. Ein Bekenntnis zu einem Objekt, Vorgang oder zu einer Person ist mein oder unser Projekt, das die Existenz bedingt, ja auch begründen kann. Im Falle von Markus 16, 6 b bis e ist es also ein Existenzkonstituens von extrem weitreichender Bedeutung über die dato- in die post-Welt. Dieses Projekt durchbricht eigenständig und frei von jeder Rückversicherung die Eigenblockade des Gestaltenen Gestalters. Damit wird das Verhältnis des Gestaltenen Gestalters zu sich im dynamischen Vorlauf abgeschlossen. Als psychologische Form ist der gesamte Text Markus 16, 1 bis 8 eine in sich abgeschlossene Gestalt, eine sogenannte Ablauf- oder Gute Gestalt.

Der theologische Fortschritt

konnte nur von dem Auferstehungsentwurf biografisch rückwärts aufgebaut werden. Ich will nur auf zwei theologische Punkte hinweisen.

1. Das grundlegende Ereignis Ostern ist der abschliessende Akt, der mit der vollendeten Hinrichtung am Kreuz begonnen hat. Beide Vorgänge bilden nun eine in sich geschlossene Einheit (siehe oben Theologische Voraussetzungen). Jetzt konnte von der Göttlichkeit Gottes in Jesus gesprochen werden. – Auch dieser Akt kann nur ein nachweisfreier sein. Theologisch konnte dann dem Offizier der römischen Hinrichtungstruppe die Identifizierung Gekreuzigter gleich Gottes Sohn zugeschrieben werden (Markus 15, 39). Dass diese Gleichsetzung ein Römer ausspricht, hat eine andere Bedeutung.

2. Neben dem Hoheitstitel Sohn Gottes konnte eine Sequenz von mehreren Hoheitstiteln dem Glaubensobjekt Jesus zugeordnet werden.  In Markus 16, 6 wird jedoch nur von dem Gekreuzigten als einem sterblichen Gestaltenen Gestalter gesprochen.

Zwischenbemerkungen

Ein Projekt ist stets etwas Vorlaufendes in die Zukünftigkeit der Zukunft und verbleibt somit außerhalb des Habhaftbaren. Das Projekt Markus 16, 6 b bis e eröffnet ein bis dato Neues. Die Exklusivität dieses Kairos überbietet noch die Aussagen des Paulus, wie sie R. Bultmann in Glauben und Verstehen, Band 1, S. 57, fasst, dass die dato-Welt durch den Tod charakterisiert ist. Der markinische Text geht davon aus, dass auch die hiesige Welt schon von AUS-WEG-AUS-WEG bestimmt ist. Das schließt auch den Wortfetischismus der Dialektischen Theologie aus, dass die Auferstehung sich ins Wort vollzieht. Dennoch bleibt das Auferstehungsprojekt – wie Bultmann a.a.O. richtig ausführt – die eigentümliche Identität dato- mit post-Welt erhalten. Der Projektant kann jetzt das Sterben und das Tot-sein durchschauen. Nur kurz: Ein Blick auf einige andere neutestamentliche Auferstehungsberichte spricht einmal über den Zweifel zum anderen über den brüchigen und auch über den geringen spontanen Erfolg. Anders in dem bis hierher besprochenen Text Markus 16, 6 b – e: Der oder die Projektanten sind auf sich selber angewiesen, denn die Frauengruppe hält die Exklusivität des neuen Kairos zurück und außerdem ist sie von einer möglichen Zeugenkompetenz ausgeschlossen.

Anobische Interpretation Markus 16, 6 b bis e

Kairos – Skala  

Das Fehlen des restfreien Suchobjektes wird auf Stufe 1 minus und die Auferstehungsmitteilung auf Stufe 6 plus eingeordnet.

Intentionalitätseinheit

Der Spannungsbogen ist der extrem grösste.

Immanente Dialektik 

Die Stufe c. dürfte ebenfalls mit einem Plus versehen werden.

 

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