Anobisität vom März, 2011

Anobische Interpretation

01.03.2011

Teile 1 bis 3

Teil 1

Alle Objekte, die durch eine anobische Interpretation erfasst werden sollen, werden mehr als nur einmal (in der Regel dreimal) in den hermeneutischen Zirkel gegeben werden müssen.

Alles Sichtbare und außerhalb der Sichtbaren dieser Welt gelten als interpretierfähige Objekte.

Die anobische Interpretation untersucht zunächst die Struktur des Textes, indem 1. seine Elemente und 2. deren Funktionen festgestellt werden. Die Kairos-Skala ordnet in die Stufenlehre ein.

Spannungsbögen, Universalien, Intentionalitätseinheit und Immanente Dialektik sollen dann folgen. Am Schluss der hermeneutischen Zirkelläufe steht die anobische Gesamtfassung der Interpretation.

Mit dieser Interpretation kann der Text auf Grund neuer Informationen und Erkenntnisse erneut abgeklopft werden, um das Ergebnis zu modifizieren, zu verifizieren oder zu falsifizieren.

Für die neutestamentlichen (auch für die alttestamentlichen) Texte wird die historisch-kritische Methode ein sekundäres – wenn auch wichtiges – Hilfsangebot. Es bleibt bei der Entscheidung des Interpreten, ob er die rekonstruiert mündliche, nach seiner textkritischen Analyse die schriftlich fixierte, zusätzlich die Kontext- sowie die redaktionelle Fassung oder auf der Basis des Kanons deuten möchte. Bezüglich des Kanons muss nach dessen Kriterium gefragt werden. Welches soll jedoch leitend in der langen Theologiegeschichte sein? Ich schlage das Kriterium „Göttlichkeit Gottes“ vor. Texte, die dieses Kriterium erfüllen – auch säkulare – , können einen kanonischen Anspruch erheben.

Es werden drei Texte vorgestellt
(die in Klammern gesetzte fettgeschriebenen Zahlen sind die Einordnungen der Kairos-Skala):

1. FRANZ KAFKA, DAS GESETZ,
2. LUKASEVANGELIUM 16, 1 ff. DER KRIMINELLE GUTSVERWALTER oder EIGENINITIATIVE VOR DER EIGENSTÄNDIGEN ZUKUNFT (Teil 2 – November 2010) als Gegentext zu 1. und
3. MATTHÄUSEVANGELUM 2, 1 ff. DIE ASTROLOGEN AUS DEM OSTEN oder DIE MESSIANISCHE ERFÜLLUNG IM KINDMYTHOS (Teil 3 – Dezember 2010)

Nun zu dem 1. Text:

1. Elemente
a. das Gebäude „Gesetz“, b. die offenstehende Tür, c. der erste Türhüter, d. weitere Türhüter, e. der Mann vom Lande, f. die Flöhe;

2. Funktionen
ad 1.a. anonyme Autorität einer Machtstruktur (2)
ad 1.b. freier Eingang nur für den Mann vom Lande (3); wird am Schluss geschlossen (1),
ad 1.c./d. erster (2) und weitere Vertreter (1,5) der anonymen Autorität in steigender Mächtigkeit; erster Türhüter spielt seine Macht aus (2) und stellt dem Mann vom Lande den Zutritt in Aussicht (2,5),
ad 1.e. Mann vom Lande begehrt Einlass, folgt dem Einlassverweigerer bis kurz vor seinem Ableben gehorsam, er verbleibt im Wartestand trotz Bitten, Durch-die-Tür-Schauen und Bestechungsgeschenken, ist fixiert auf sein Einlassbegehren, schreibt dem ersten Türhüter mehr Macht zu (2); körperlich, sozialer und psychischer Absieg (1,3), Selbstbefragung nach dem Grund, warum nur er Einlass begehrt; im Verhalten zu sich selbst festgelegt (2); am Erzählschluss ist er dem Tode nahe (1,1);
ad 1.f. in seinem Abstieg verfällt der Mann vom Lande sogar auf die Kommunikation mit den Flöhen im Pelz des ersten Türhüters als mögliche Helfer (1,3).

3. Kairos-Skala / Berechnungseinheit
21,7 : 12 = 1,81 Der Spannungsbogen reicht von 1 bis 3 – genauer 1,1 bis 3,0; also eine geringe Bewegungsmöglichkeit von 2,0 Punkten. Außerdem bewegt sich die Erzählung eher im unteren Bereich der Kairos-Skala und wird in die Stufe 1 mit starker Tendenz zu 2 eingeordnet.

Die Ablaufgestalt der Erzählung ist in sich abgeschlossen. Sie verbleibt innerhalb des status quo in der Relation 1. Gehorsam gegenüber einer anonymen Macht-Autorität, die reichlich, erfolgreich und destruktiv ausgeübt wird, und 2. Umgang des Gehorsamen mit sich selbst. Die Diskrepanzen Über – Unter sind in beiden Punkten überdeutlich. Eine Vermeidung der Übereinstimmung ist ziemlich extrem ausgestaltet.

4. Universalien
a. Dasein – Mitsein
Hier wird nur der Aspekt Dasein – Umgang mit sich selbst – herauskristallisiert. Der Mann vom Lande bleibt nur innerhalb seiner Wirklichkeit, andere Möglichkeiten im Umgang mit sich selbst unterbleiben. Er verharrt in einer negativen Negation.
b. Persönlichkeitseinstellung
Beide Figuren der Erzählung sind zwanghaft aufgebaut. Sowohl der ertse Türhüter als auch der Mann vom Lande halten an ihrem jeweiligen Zielbewusstsein durchgängig dogmatisch fest. Selbstkritik unterbleibt.
c. Äußere Lebensgestaltung
Lässige Passivitäten gepaart mit extrem geringen Aktivitäten bilden das Motiv im Aufbau der Konstellation anonyme Autoritäts- und personengebunder Gehorsam.
d. Weltgestaltung
Ablauf eines Geschehens zwischen einer fast bis zum Zerbrechen perfekt gehorsamen Person unter der absolutistischen Haltung einer anonymen Machtstruktur.

5. Struktur von Inhalt und Form
Die Erzählung läuft hinsichtlich der Struktur von Inhalt und Form auf die positive Negation hinaus. Die positive Form: Ich will da hinein; ich schließe die Tür; die inhaltliche Negation: die Chance hineinzukommen wird mit dem Schließen der Tür endgültig unterbunden; Mann vom Lande nimmt diesen Abschluss widerspruchslos hin und ist kurz vor dem Ableben. – Eine positive Negation hat stets zynische Tendenzen.

6. Intentionalitätseinheit
Der Mann vom Lande erlebt eine doppelte Blockade hinsichtlich eines Fortschritts in der Entwicklung, seine Chance wahrzunehmen. Er blockiert sich selbst und akzeptiert den blockierenden Türhüter. In der Selbst- und Fremdblockade fehlt jeweils der Durchbruch. Die Erzählgestalt ist in sich abgeschlossen. Die Gegenwart des Mannes vom Lande endet vor der Inbesitznahme der Zukunft (gen. subj.). Es gibt also keine Zukunft für den Mann vom Lande. Die Intentionalitätseinheit wäre bei der Wahrnehmung der Chance des Mannes vom Lande eine Stufe weiter ausgebildet.

7. Immanente Dialektik
Die Erzählung bleibt für den Mann vom Lande in der Korrespondenz mit dem ersten Türhüter und umgekehrt auf der Stufe a. mit einer starken Tendenz zu b. In ihrer Interaktion fehlt der Respekt der Gleichheit. Das urbewusst eigen- gepaart mit dem fremdpersonengebundenen Über, das ein zielgerichtetes und durchsetzungsfähiges Contra ausgebildet hat, führt den Schwächeren zu dem lebensgefährdenden Rand der Existenz. Es fehlen für die nächsten Stufe das Bewusstsein der eigenen Initiativ-Möglichkeit und der Respekt des Stärkeren vor dem Schwächeren.

8. Anobisität Zielvorgabe und Selbst- wie Fremdblockaden, die sich in gleichbleibenden bedrückenden Kreisläufen vollziehen wirken lebenzerstörerisch. Der Mann vom Lande ist vor dem Haus des Gesetzes schon selber das Gesetz. Noch pointierter: Schon vor der Entscheidung, zum Haus des Gesetzes aufzubrechen, befand sich der Mann vom Lande in seinem eigenen Gesetz.

Ein Gegentext ist LUKASEVANGELIUM 16, 1ff (Text im nächsten Monat) (s. dort noch weitere Textempfehlungen)

Antwortgarantie auf Ihr Votum: E-Mail: hans-georg.fellecke@freenet.de

Anobische Interpretation

01.03.2011

Teil 2

Als Gegentext zu Kafka „Das Gesetz“ wird der Text aus dem LUKASEVANGELIUM 16,1 ff. DER KRIMINELLE GUTSVERWALTER oder EIGENINITIATIVE VOR DER EIGENSTÄNDIGEN ZUKUNFT gestellt.

Zwei Vorbemerkungen:
1. Um den Sinn des Textes zu erfassen, muss die Interpretation wertfrei bleiben. Also diese voraussetzungsfreie Exegese wird jegliche Wirtschaftsethik außer Betracht lassen.
2. Die beiden redaktionellen Verse 8 und 9 mit ihrer positiven Bewertung, die in den Versen 10-13 gleich wieder gemildert bzw. zurückgenommen wird, entfallen in der Interpretation.

1. Elemente
a. Großgrundbesitzer, b. Gutsverwalter, c. Schuldner des Großgrundbesitzers

2. Funktionen
ad 1.a. Großgrundbesitzer fordert von dem Gutsverwalter einen Geschäftsbericht. Offenbar vermutet jeder, dass dieser die Regeln des Geschäftslebens unterlaufen hat. Die Entlassung des Gutsverwalters wird angeordnet. (2);
ad 1.b. negative  Selbsteinschätzung des Gutsverwalters (3) und unter Einsatz seiner verbliebenen Macht (4) schlägt er den Schuldnern Urkundenfälschung vor, um deren sozialen Engagement zu kaufen (4),  die sozialen Out und In bleiben außerhalb der Berichtserstattung;
ad 1.c. der Text lässt sowohl das Eingehen auf das kriminelle Angebot als auch das Sozialengagement offen (vom Wortlaut des Textes muss die Bewertung unterbleiben; vom Sinn des Textes „Vorsehung“ jedoch kann die Bewertung auf 5 lauten; noch extremer siehe Lukas (12,41ff).

3. Kairos-Skala / Berechnungseinheit
18 : 5 = 3,6
Spannungsbogen 2-5; also im mittleren Bereich mit einer stärkeren Tendenz zur offenbleibenden Zukunft.

Die Erzählgestalt bleibt verbal nach vorn hin offen, vorsehungstheologisch (säkular Einstellung auf die Zukunft) jedoch vollendet. Die Zukunft kann im weiteren Leben des Gutsverwalters Platz gewinnen. Trotz Eigeninitiative ist er Platzhalter seiner Zukunft.

4. Universalien
a. Dasein aus Dasein – Mitsein
Der Gutsverwalter akzeptiert die Entscheidung seines Chefs und weiß mit seiner verbliebenen Macht, eigennützlich dynamisch umzugehen.

b. Persönlichkeitsstruktur
Der Gutsverwalter dürfte eher eine extrovertierte Haltung einnehmen und sich nach den beiden Seiten Gutsbesitzer und Schuldnern adäquat verhalten.

c. Äußerer Lebensaufbau
Eine sorgenvolle Aktivität gepaart mit einer offenen Erfolgsmeldung.

d. Existenzentwurf
Das vorlaufende Zielbewusstsein des Gutsverwalters zeigt eine lebensgewandte Flexibilität.

5. Struktur von Form und Inhalt
Der Text gibt ein Beispiel von positiver Position. Die positive Form: Ich weiß, was ich tue. Die inhaltliche Position: Das Verführungsangebot zur Urkundenfälschung für die sozial-ökonomische Existenz des Gutsverwalters hat einen wegweisenden Charakter, dessen Realisierung aussteht.

6. Intentionalitätseinheit
Die in dem Text geschilderte innere Energie umreißt die aktive Vorbereitung zum Durchbruch einer in die Sackgasse geratenen Berufs- und Lebenskrise. Der Text ist frei von der Feststellung einer vollendeten weiteren Lebensgestaltung. Der Aufbau des Textes: aktuelle Lebensbilanz – Flexibilität – Offenheit. Die Ablauf – Gestalt des Textes bildet nur einen Ansatz zur Ausnützung der Intentionalitätseinheit. Somit kann die Zukunft in der gegenwärtigen Situation des Gutsverwalters Platz gewinnen. Trotz Eigeninitiative ist der Gutsverwalter Platzhalter seiner Zukunft.

7. Immanente Dialektik
Stufe b. Motivierte Gegenwart, die frei von Fixierung ist, und offene Zukunft, die sich frei und anders als erwartet gestalten kann, stehen sich respektabel gegenüber. Eine Einheit, in die beide einfließen, und ein Neues bilden, bleibt außen vor. Die Zukunft hat eine eigenständige Kraft, sie wirkt aus sich selbst heraus.

8. Anobisität
Die bedrückende Situation gepaart mit einer ansatzmäßigen Vorsorge und einer sich noch frei  entwickelnden  Zukunft erbringen eine Spannung (die ausgehalten will). Die Spannungssituation setzt ein Vertrauen in das Leben. In dem Text wird eine adäquate Einstellung zur Zukunft deutlich.

Nachbemerkungen:

1. Theologisch ist diese lukanische Perikope ein Vorsehungstext.
2. Vergleiche Texte a. im Neuen Testament: Markus 12, 41ff und par.; Matthäus 6, 26-28 par.,
b. im Alten Testament. Genesis (1. Buch Mose), 12,1ff; Exodus (2. Buch Mose), 3,14;
1. Könige 19,1ff
3. Die Evolution ist von jeher an sich und aus sich selbst heraus strukturell vorsehungsträchtig, um sowohl das nun schon vergangene als auch das aktuelle Ergebnis zeigen zu können. Sie ist eine gute säkuläre Lehrmeisterin in Sachen der offenen Zukunft. – Der religiöse Lehrmeister Gott ist theologiegeschichtlich ein Späteinsteiger.

Antwortgarantie auf Ihr Votum: E-Mail: hans-georg.fellecke@freenet.de

Anobische Interpretation

01.03.2011

Teil 3

Nun zu dem Text MATTHÄUSEVANGELIUM 2,1 ff. DIE ASTROLOGEN AUS DEM OSTEN oder DIE MESSIANISCHE ERFÜLLUNG IM KINDMYTHOS

Vorbemerkung

Dieser Text enthält viele versteckte Nuancen, die erhellt werden wollen.

1. Die Elemente
a. Stern, b. Astrologen, c. Herodes und die Bevölkerung Jerusalems sowie jüdische Theologen und d. alttestamentliches Zitat, e. der Neugeborene, f. Maria, g. Ortsbestimmung Bethlehem, h. Proskynese mit Geschenkübergabe, (i. Traumanweisung);

2. Die Funktionen

ad 1.a Stern als primäres Verkündungselement der Geburt des jüdischen Königs in der Interpretation als Stern im Osten – außerhalb jüdischen Raumes (V.2), dann Wiedererkennung des Wandelsterns als Richtungsanzeiger (V.9), danach in freiem Umgang mit astronomischer Gesetzmäßigkeit Veränderung des Wandelsterns zum Fixstern als punktgenaue Ortsbestimmung; ausgeschlossen wird die übliche astrologische Deutung der Nativität hinsichtlich einer Charakter- und Schicksalsprognose des Neugeborenen (astrologiefrei; möglicherweise auch antiastrologisch gemeint), eingeschlossen wird eine Deutung der aktuellen Geburt eines Königs der Juden; es fehlt die präzise Zeitangabe der planetarischen Erscheinung; somit bleiben die Astrologen auch Herodes auf dessen Frage nach der Zeiterscheinung schuldig; der Stern wird in der Erzählgestalt astronomisch – astrologisch eigenständig; (6)

ad. 1.b. dem Judentrum Fremden und damit auch außerhalb einer autorisierten Zeugenschaft Stehenden wird ein planetarisches Zeichen gegeben, das sie astrologisch als Geburt des Königs der Juden interpretieren; diese suchen und finden den König der Juden mit Hilfe der Kombination ihrer Sterndeutung (6)

ad 1.c. Herodes und die gesamte Bevölkerung Jerusalems „bringen es nicht auf die Reihe“, das ein Kind-König quasi „vor ihrem Haus“ geboren wurde; die Frage an die Theologen lautet jedoch nach dem Geburtsort des Christus-Messias, (d.) deren Antwort ist, der (erwachsene) Herr Israels wird in Bethlehem geboren und damit wird die notwendige davidische Legimitation erfüllt; (6) im weiteren Verlauf des Textes zielt ihr Interesse an dem langersehnten Kommen ihrer religiös-politischen Zentralfigur nur auf Beratung ab; Verhalten und Aussagen hinsichtlich des zu findenden Objekts sind vorrangig bei König Herodes schwankend: mit der Bevölkerung Jerusalems fühlt er sich in dem status quo gestört, dann möchte er vor dem Kind wie die Astrologen auch zu einer Proskynene bereit sein; was jedoch im folgenden Text unterbleibt; bezüglich der Aussage der aktuellen Geburt eines Königs wechselt Herodes vom (erwachsenen) Christus durch den theologischen Nachweis in Micha 5,1 (erwachsenen) herrschenden Führer über das Volk Israel untermauert zu dem Kind (V.8); hier verknüpft der Text Kind-König mit Erwachsenen-Messias; jedenfalls ist die tragende Aussage Kind (-Messias).

ad 1.d. Finden des Königs mit der jüdisch-theologischen Beratung;

ad 1.g. Ankündigung der Geburt bleibt dem Stern vorbehalten; das alttestamentliche Zitat hat zwei Bedeutungen bezüglich einer genaueren Ortsangabe und einer politisch-religiösen Bestimmung des Königs der Juden: bethlehemitisch-davididische Abstammung; aus der astronomisch-astrologischen Deutung eines Neugeborenen wird durch die herodianische Vorgabe des (erwachsenen) Christus-Messias mit Hilfe der jüdischen Theologen bez. des alttestamentlichen Zitats als einer Erwachsener abgesichert; dieser Vorgang wird der Qualität Stern als aktuelle Verkündigung nachgeordnet; die jüdischen Theologen bleiben ihrer Dogmatik Messias gleich Erwachsener treu; (2)

ad 1.h. kleine oder große Proskynese bleibt offen, jedenfalls Proskynese mit Geschenkübergabe, die wohl eher ein in der hellenistischen Antike üblicher Brauch war, verschiedene kostbare Objekte hochgestellten Neugeborenen zu übergeben; Zeus erhielt zu seiner Geburt goldene Geschenke wegen seiner künftigen Weltherrschaft; dieser Vorgang vollzieht sich vor einem Kind-König als Christus-Messias; der nach dem alttestamentlichen Zitat der Herrscher der Juden ist; (6) auf Grund der dreifachen Interpretation (g.) bleiben nur die dem Judentum Fremde als Subjekt

ad 1.e. dem Objekt königlicher Kind-Christus gegenüber übrig; alttestamentlich-jüdische Erwartung von einem (offenbar) Erwachsenen in Montage mit hellenistischer Vorstellung eines Kindes; auf Grund der Geburt Jesu (V.1) als Voraussetzung wird auf das Objekt der theologischen Montage insgesamt 12-mal hingewiesen – also eine textliche Pontierung auf das Objekt; der eigentliche Monteur Kind-Erwachsener, König-Christus (Messias) (beginnend mit V.4) ist der hellinistisch geprägte zum Judentum konvertierte Herodes als ein fast Einheimischer. (4,5) Die durchgängigen Träger dieser theologischen Montage sind jedoch die Astrologen; hier liegt also eine Gegenüberstellung Astrologen als dem Judentrum Fremde und außerhalb der Zeugenschaft Stehende und Herodes als Jude und autorisierter Zeuge, der allerdings den Weg nach Bethlehem und die Proskynese unterlässt; verbal und sachlich bleibt der Neugeborene in seinem Kindsein und unterlässt gleich nach seiner Geburt jegliche Aktionen, die nur Erwachsene ausüben können. (6)
Pallas Athene, Apollon, Hermes und eventuell auch Pan treten kurz nach ihrer Geburt in das den Erwachsenen zugeschriebene Verhalten ein. Der Text unterlässt für den neugeborenen König der Juden nach dessen Geburt ein sofortiges Über-sich-Hinauswachsen. Verbal wird er im Text 5-mal (mit der Voraussetzung V.1) direkt und indirekt im Verb enthalten ebenfalls 5-mal als Kind bezeichnet, als insgesamt 10-mal. Die Kombination Kind-Erwachsener (Christus) wird in V.4 vollzogen, in V.6 wird auf den Erwachsenen Bezug genommen. Die Gewichtung liegt bei dem Kindsein des Königs. Offenbar benötigen die jüdisch-christlichen Leser im hellenistischen Raum (Syrien?) innerhalb der Pointierung Kind-Erwachsener, König-Christus (Messias) das echte Kindsein. Im Kindsein erfüllt sich die Messiaserfüllung. Damit werden die Pole der Ambivalenz für die jüdisch-christliche Leserschaft im hellenistischen Raum pointiert deutlicher. (6) (Im Lukasevangelium 2, 1ff wird offenbar die theologische Montage als feste Größe vorausgesetzt. Deshalb kann der Jubel ausbrechen.)

ad 1.f. das Schwergewicht in der griechischen Geburtsmythologie liegt bei der Mutter und dem Kind – so auch hier im Text. Aber die Mutterrolle in der griechischen Mythologie wird als eine aktive geschildert. Maria ist hier wie der Neugeborene nur in der darstellenden Position. Auch die Schilderung des Geburtsvorgangs wie gelegentlich im Griechentum unterbleibt. – Die Rolle des Vaters Josef wird ausgespart. Die Vaterrolle ist in der griechischen Mythologie der Geburtserzählungen sehr unterschiedlich: Bei den Geburten Zeus und Poseidon ist sie hinsichtlich der Neugeborenen destruktiv, bei Pan und Palls Athene positiv und bei Apollon, Asklepios und Hermes fehlt sie überhaupt. In unserem Text fehlt sie ebenfalls. Eine eventuelle Gefährdung der wird möglicherweise hinsichtlich Herodes (V.3 und 12) angedeutet, wenn die folgenden Texte redaktionell als angeschlossene gedacht werden. In unserem Text, der zunächst isoliert umlief, hat eine Gefährdung keine Substanz.

(ad 1.i. die Traumanweisung kann eine Überleitung zu den folgenden Texten sein. Jedoch macht. Eigentlich kann der Text vollgültig mit V.11 enden.)

3. Struktur von Form und Inhalt
Der Text basiert auf „positiver Position“. Form: Eine neue theologische Montage wird hergestellt. Inhalt: Fremde akzeptieren das Objekt der neuen theologischen Montage ehrenvoll.
Zwei Nachbemerkungen: 1. Für jüdisch denkende Christen liegt das Neue in dem Kindsein des Messias. 2. Das Neue im hellenistischen Raum bezieht sich auf das authentische Kindsein der Messias.

4. Die Kairos-Skala / Berechnungseinheit
42,5 : 8 = 5,3.
Der Spannungsbogen liegt von 2-6, d.h., sodass das theologische Ziel sich fast in den „trockenen Tüchern'“ befindet. Die Ablaufgestaltung der Perikope ist als Aufbautext für die theologische Montage ganz gut gelungen und inhaltlich als Messiaserfüllung im Kindmythos fast vollendet. (mehr …)